Grundsätzlich muss festgestellt werden, dass
Gelprodukte sowie auch Pulver-Flüssigkeits-
Produkte in die chemische Familie der Acrylate
einzuordnen sind. Prinzipiell sind es
von den chemischen Zusammensetzungen
her sehr ähnliche Stoffe, die letztendlich
zu einem Kunststoff aushärten. Wie dann
einige Ausbilder bzw. Firmen behaupten
können, dass Produkte des einen Systems
besser seien als die eines anderen Systems
ist nicht nur unlogisch, es verunsichert die
Nail Designer und die Kunden des Nagelstudios
ungemein. Fakt ist, dass in Produkten
beider Systeme chemische Stoffe beinhaltet
sind, die nicht in die Hände einer unausgebildeten
und unwissenden Person gelangen
sollten. Während in Gelprodukten Photoinitiatoren
wie Hydrochinon, Benzophenone,
Camphorquinone, Bisphenol-A sowie verschiedene
Derivate ausnahmslos unter Verdacht
stehen, erbgutverändernd und/oder
karzinogen zu sein, ist in den Produkten
des Pulver-Flüssigkeits-Systems Benzoylperoxid
der Stoff, der so viele zur Aussage
bewegt, dass er gesundheitsschädlich wäre
und vom Gesetzgeber verboten sei.
Tatsächlich ist Benzoylperoxid (= BPO) als
Medikament einzustufen und darf unter diesem
Gesichtspunkt nur von Ärzten bzw. Apothekern
an Dritte verkauft werden. Die Kosmetikindustrie
hat dem Expertenteam der
EU (SCCNFP) glaubhaft vermitteln können,
dass BPO nur in unausgehärtetem Zustand
als bedenklich einzustufen sei, und daraufhin
wurde dieser chemische Stoff mit einer
nachzuweisenden Höchstgrenze belegt.
Ganz ähnlich erging es dem Inhaltsstoff
Hydrochinon, das in den Gelprodukten zu
Beanstandungen führte. Auch dieser Stoff
wurde vom Expertenteam der EU mit
Höchstgrenzen belegt, die ein Hersteller, bzw.
ein Vertrieb oder Distributor nachweisen
bzw. als verkehrsfähig zulassen muss.
Dass bestimmte chemische Stoffe, die in
Produkten enthalten sind, nicht ganz unbedenklich
sind, wird in der Kosmetikverordnung
festgestellt und die einzelnen Inhaltsstoffe
werden nach drei Kategorien
geordnet: verbotene Inhaltsstoffe, Inhaltstoffe,
die mit Höchstgrenzen belegt sind
und Stoffe, die unbedenklich einsetzbar sind.
Durch das Inkrafttreten der KVO wurden
die Mitgliedsländer der EU verpflichtet, die
beinhalteten Vorschriften in Landesrecht
umzusetzen. Darüber hinaus ist es seit diesem
Zeitpunkt vorgeschrieben, dass Hersteller
und Vertreiber die Produkte für den
Verkauf im Markt zulassen. Dies heißt, dass
der „In-Verkehr-Bringer“, also die Firma die
Produkte an einen anderen verkauft, dafür
Sorge zu tragen hat, dass die Bestimmungen
eingehalten werden und dass dies von einer
außenstehenden Stelle, nämlich einem vereidigten
Chemiker, bestätigt wird. Erstmalig
in der Geschichte der Verordnungen hat
nun nicht mehr der Gesetzgeber die Verpflichtung,
ein Vergehen zu beweisen, sondern
die Industrie muss nun belegen, dass
sie dem Gesetz Folge leistet.
Für viele Firmen bedeutete dies einen erheblichen
Kosten- und Zeitaufwand und einige
kleinere Distributoren und Vertriebe mussten
in Bezug auf Produkte für die Nagelindustrie
ihre Einkaufsstrategien überdenken.
Doch während sich der Großteil der etablierten
Firmen mit viel Zeit und großem
Kostenaufwand an die neuen Gesetzgebungen
hält, gibt es immer noch einige, die
von der Annahme ausgehen: „Wo kein Kläger,
da kein Richter!“ Unter diesem Aspekt
ist es nicht weiter verwunderlich, dass die
Firmen, die ihr Produktsortiment überprüfen
und zugelassen haben anderen Mitanbietern,
die dieser Verordnung nicht nachgekommen
sind, mit gerichtlichen Schritten
drohen und bei den Behörden eine Überprüfung
beantragen. Jedoch ist aus dieser Situation
keine Gefährdung für Nail Designer
oder Kunden abzuleiten, da es sich hierbei
nur um die Zulassung der Produkte handelt,
die in den Verkehr gebracht werden
sollen. Die meisten der heute gehandelten
Produkte sind von der Zusammensetzung
her für den geschulten und ausgebildeten
Nail Designer und seine Kunden unbedenklich.
Einige wenige Ausnahmen könnten
sogenannte MMA (Methylmethacrylate)
sein, die unter Umständen aus dem außereuropäischen
Ausland über dunkle Kanäle
auf unseren Markt gelangen.
Die meisten Firmen verkaufen ihre Produkte
nur an ausgebildete und gewerblich
gemeldete Nail Designer. Auch wenn hierdurch
Umsatzeinbußen hingenommen werden
müssen, ist es für die Firmen ein ethischer
Grundsatz, der als Schutz der
Verbraucher und letztendlich auch des Nail
Designers zu begrüßen ist.
Nachdem der Gesetzgeber diese und noch
weitere Produkte mit dem Aufdruck „Nur für
den gewerblichen Gebrauch“ versehen
lässt, ist nur noch zu bemängeln, dass
der Gewerbeschein in Deutschland für
jedermann erhältlich ist. Doch hier ist
der einzelne Nail Designer gefordert,
einen Beitrag zum Schutze seines Berufs
zu leisten: Kaufen Sie niemals bei Firmen,
die ohne gewerblichen - oder Ausbildungsnachweis
an jedermann verkaufen.
Egal wie verlockend die Angebote
sind und wie günstig die angebotenen
Preise erscheinen – wenn die Produkte
nicht nach der KVO ausgezeichnet und
zugelassen wurden, trägt der „In-Verkehr-
Bringer“, also der Nail Designer, die
Verantwortung gegenüber dem Gesetzgeber.
Im schlimmsten Fall – wenn eine
Kundin Schaden erleidet und Sie bei den
Behörden anzeigt – kann dies strafrechtliche
Folgen nach sich ziehen. Kaufen
Sie keine Produkte von Firmen außerhalb
der EU. Auch wenn dieselben Produkte
schon von anderen Firmen für den Verkauf
in der EU zugelassen wurden, hat
der Gesetzgeber mit der Auszeichnungsverordnung
ein Überwachungskriterium
geschaffen. Anhand bestimmter Kennzeichnungen
kann die Überwachungsbehörde
feststellen, ob das jeweilige Produkt,
das im Studio verarbeitet wird,
auch wirklich über offizielle Kanäle eingekauft
und hiermit auch für den Verkehr
zugelassen wurde. Besuchen Sie
Aus- und Weiterbildungskurse, die von
den Firmen und Institutionen angeboten
werden. Auf diesem Weg erfahren Sie,
wie das von Ihnen eingekaufte Produkt
am besten verarbeitet werden sollte und
wie Sie die Zufriedenheit Ihrer Kundinnen
sicherstellen. Informieren Sie sich
bei unabhängigen Stellen (Behörden und
Verbände) über die von Ihnen gekauften
und verarbeiteten Produkte. Informieren
Sie sich bei Messebesuchen und über
Fachzeitschriften, ob ihre Produkte bzw.
ihre Arbeitsweise den Vorschriften entsprechen.
Informieren Sie Ihre Kunden
über die Produkte und Arbeitsweisen.
Weder Gel- noch Pulver-Flüssigkeits-
Produkte sind gesundheitsschädlich.
Sachgerecht verarbeitet, stellen Sie keine
Gefahr, weder für die Kunden noch für
den Nail Designer dar.
Quelle: Prof Nail Ausgabe Juni 2007